Mittwoch, 15. Januar 2014

Der Weg des Kriegers (1): Die Drei Praktiken - die richtige Bestrebung, die Methoden und Die Weisheit

Wird unser Studium weitergehen, wird es unsere Praxis weiter geben? Wir möchten unterschiedliche Techniken kennenlernen, insbesondere wie man negative Emotionen loswird. Es wäre super, sich weiterzuentwickeln.

Ich würde sagen, dieses Jahr wird sich das Programm stark ändern, im Gegensatz zu den vergangenen Jahren. Früher hat man den Akzent darauf gesetzt, dass faktisch alle gleichzeitig an der Praxis der Konzentration und Meditation teilnehmen konnten. Und dieses Jahr haben wir uns entschieden, die Menschen auf diese Praxis etwas im Voraus vorzubereiten und erst dann ihnen die Einweihung in diese Praxis zu geben, damit sie praktizieren können.

Das lag daran, dass früher viele Menschen, nachdem sie die Einweihung gleich bekommen hatten, ungefähr einige Wochen lang praktizierten und dann oft aufhörten - meistens für immer. Deswegen haben wir uns entschieden, diese Zeit der natürlichen Auslese zu verlängern. Damit die Menschen entscheiden können, ob sie die Praxis überhaupt brauchen. Und damit sie anfangen können, wenn sie vorbereitet sind.


Es geht darum, dass die Praxis oft als eine Formalität empfunden wird. Das heißt, viele glauben, dass es ausreicht, einmal pro Woche irgendwelche Gruppenübungen zu besuchen. Und dass man in der übrigen Zeit nichts machen muss. Manch einer tut es umgekehrt: zuerst wird fleißig geübt, beispielsweise das ganze Wochenende und dann, während der Woche, lebt man so wie es einem passt. Das kann man mit einem Autofahrer vergleichen, der einmal bei Rot nicht gehalten hat, dafür jetzt aber zweimal bei Grün hält. Solche Praxis bringt absolut keine Ergebnisse. 



Das besagt Die Vierte Doktrin, die gerade darin besteht, dass die Praxis stetig und regelmäßig sein sollte. Und dann, auch wenn man ursprünglich kein hohes spirituelles Niveau vorweisen kann, jedoch täglich die Kraft durch die Übungen sammelt, ist man in der Lage sehr beachtliche Resultate zu erzielen. Das ist viel mehr wert als ein Mensch, der zwar große Fähigkeiten besitzt, jedoch nur durch einen kurzlebigen Impuls, nur durch Enthusiasmus, voranzukommen versucht.

Deshalb wird in Der Lehre nicht Enthusiasmus, sondern diese alltägliche Mühe hervorgehoben. So dass das spirituelle Niveaus eines Menschen nicht daran gemessen wird, wie der Mensch beispielsweise während seiner Hochform übt, sondern daran, wie er seine Spiritualität im Alltag zur Entfaltung bringt. Mit anderen Worten, ob der Mensch in jeder seiner Situationen konzentriert ist.

So besteht die Praxis nicht darin, dass man irgendwelche Meditation im Sitzen oder etwas ähnliches praktiziert. Die Praxis besteht darin, wie man die Welt wahrnimmt, in der man lebt. Und so wird die Einsiedlerschaft oder der Rückzug in Klöster und Höhlen überflüssig. Man kann in modernen Verhältnissen leben, in einer modernen Stadt, und dabei praktizieren. Eben darin besteht Die Vierte Doktrin.

Manche sagen: "Schaut mal, ich habe einen besonderen spirituellen Zustand erlebt, eine Offenbarung gehabt. Auf welchem Niveau der spirituellen Entwicklung befinde ich mich?" Normalerweise rate ich diesen Menschen zu schauen, ob diese Offenbarung wenigstens drei Monate lang Bestand hatte. Nur dann kann man etwas darüber sagen.

Nur wenn es geblieben ist, kann man die Erfahrung als ein stabiles Resultat betrachten. Wenn es aber nur ein paar Minuten gedauert hat, bleibt es möglicherweise als Erinnerung. Mit dem alltäglichen Leben wird es jedoch kaum etwas zu tun haben.

Die Regelmäßigkeit der Praxis ist daher die wichtigste Bedingung. Eben deswegen gilt im Rahmen Des Mittleren Weges die Schaffung der richtigen Bestrebung als Hauptfundament der Praxis. Wenn man all seine inneren Wünsche auf die spirituelle Entwicklung richtet.

Das ist wichtig, weil manche sagen: "wir wollen einerseits einen bestimmten materiellen Wohlstand erreichen, Karriere machen, und andererseits wollen wir uns spirituell entwickeln". Auf diese Weise setzt man sich zwei Ziele, die einander ausschließen, und man ist stets gezwungen, zwischen dem ersten oder dem zweiten Ziel zu wählen.

Jedoch besagt Der Mittlere Weg, dass man weder dem Materiellen noch dem Spirituellen entsagen muss. Weil die Fragestellung an sich falsch ist. Man muss auf das Materielle gar nicht verzichten, nur die Einstellung muss geändert werden. Die kann spirituell sein.

Mit Geld ist es genauso. Geld an sich war niemals böse. Das ist nur ein Mittel, um unterschiedliche Ziele zu erreichen. Wenn das Geld für spirituelle Zwecke verwendet wird, für spirituelle Programme, dann ist das Geld "gut". Wenn das Geld benutzt wird, um Hass, Aggression zwischen Menschen zu schüren, dann ist es "böse".

Dasselbe kann in Bezug auf alles Materielle gesagt werden, jedes Ding kann gleichzeitig gut und böse sein. Die Hilfe der Familie und Freunde kann eine Stütze sein, sie kann aber auch umgekehrt eine Abhängigkeit schaffen, sowohl in materieller als auch in spiritueller Hinsicht. So wie man sagt: "Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert". Daher können sogar Verwandte und Freunde, trotz guter Absichten, die Entwicklung eines Menschen behindern.

Die Schaffung der richtigen Bestrebung ist daher das Wichtigste. Wenn man all seine Gedanken auf die spirituelle Praxis richtet.

Und dann bekommt man die Einweihung - man bekommt die Methode. Das ist das Zweite - der Überbau. Man könnte sagen, die Wände der spirituellen Praxis. Wendet man bestimmte Methoden, regelmäßig praktizierend, kommt man unbedingt zu einem Ergebnis.

Dann wird es auch unwichtig, wann das Ergebnis erzielt wird. Es kann sein, dass dies in wenigen Monaten passiert, und jemand anderes wird dafür Jahre brauchen, ein anderer vielleicht noch mehr. Aber das ist nicht mehr das Wichtigste.

Das Wichtigste ist, dass der Mensch praktiziert, er nutzt sein Leben, ohne es zu verschwenden, er vervollkommnet sich selbst. Unabhängig davon, was ihm in seinem Leben begegnen wird, wird er jede Situation für seine Praxis nutzen.

Das heißt, wenn der Mensch etwas verliert, reduziert er einfach seine Ansprüche und kann unter diesen Bedingungen normal weiterleben. Wenn er etwas im Überfluss bekommt, muss er behutsam bleiben, um dies zweckmäßig verwenden zu können.

Und dann, wenn man jedes Ding, dem man in seinem Leben begegnet, ausgewogen behandelt, wird alles im Leben zur Praxis. Dann wird es keine Anlässe geben zu sagen: "Also, dies ist ein wichtiger Moment in meinem Leben, und diesen muss ich nicht beachten" - alles wird im Leben eine große Rolle spielen. Der Mensch wird allem in seinem Leben eine Bedeutung beimessen.

Er wird die Menschen nicht in Dumme und Kluge, in Nützliche und Nutzlose einteilen. Wenn man alles mit Gleichheit wahrnimmt, schafft man sich keine Feinde. Es gibt das Wort "Gleichgültigkeit". Bei näherer Betrachtung scheint das Wort eine tiefere Bedeutung zu haben, als die, in der man es meistens benutzt. Trennt man das Wort, besitzt demnach für einen "alles die gleiche Gültigkeit". Und wenn sich die eigene Wahrnehmung dahingehend verändert, wird man stark, man wird das alte Sprichwort "Der Weg schützt des Menschen" verwirklichen.

Denn in der Realität ist es so, dass es recht schwierig ist, einen sehr gutmütigen Menschen zu beleidigen oder ihm auch ein schlechtes Wort zu sagen - wenn der Mensch mit einem Lächeln erwidert. Deswegen sind solche Menschen von Anfang an durch ihre innere Reinheit schon von allem geschützt.

Hier liegt übrigens auch der Sinn eines der christlichen Gebote: "Wenn man dich auf die rechte Wange schlägt, so halte auch die linke hin". Der Sinn dieses Gebots besteht darin, dass der Mensch, der so durch seine Gutmütigkeit und innere Reinheit geschützt ist, keine Gegengewalt anziehen wird. Das heißt, der Schlag auf die linke Wange wird nicht passieren.

Denn die Gewalt sucht sich immer eine Antwort. Das gilt für jede grobe und ungeschminkte Kraft. Sie sucht sich immer ein potenzielles Opfer, das sie durch ihre Angst anzieht.

Wenn sich der Mensch jedoch von Anfang an vor nichts fürchtet, wenn er keine Gedanken an Angst verschwendet, wenn er innerlich gesammelt ist - wird die Gewalt wohl an der Kommunikation mit einem solchen Menschen nicht interessiert sein. Man wird ihn durch nichts einschüchtern können. So wird die Gewalt schon an ihrem Ursprung unterbunden, bevor die ganze Situation überhaupt entstanden ist. Das ist gemeint, wenn man sagt, dass Der Weg den Menschen schützt.

Daher sind Methoden zwar eine wichtige Bedingung für die Praxis, jedoch nicht alles, weil das Wichtigste - das Fundament - die richtige Bestrebung ist. Ansonsten könnte man die Methoden bekommen, viele richtige und nützliche Methoden. Wenn aber keine stetige Bestrebung vorliegt, um die Methoden täglich zu praktizieren, bringen sie keine Ergebnisse. Das heißt, der Mensch wird entweder nicht regelmäßig üben oder hört damit ganz auf.

Wenn das aber für den Menschen ein inneres Bedürfnis darstellt, wird er sie realisieren können. Und dann wird der Mensch tatsächlich den dritten Bestandteil erreichen, den man als Dach oder Krönung dieses Hauses bezeichnen könnte. Das ist Die Weisheit. Die intuitive Weisheit, die jedes Lebewesen besitzt.

Von Dieser Weisheit ausgehend, kann der Mensch selbst darüber urteilen, was er braucht und was nicht, was in diesem Leben gut und was nicht so gut ist. Weil der Mensch Dieses Wissen besitzen wird, wird er auf keinen äußeren Ratgeber angewiesen sein. Und wenn er spürt, dass diese innere Reinheit in ihm, dieser Strom Der Weisheit zu versiegen droht, wird er sofort wissen, dass er etwas Falsches macht. Dann wird er diese Situation einfach verlassen, er wird aufhören, das zu tun. Diese Stimme wird ihm immer den Weg weisen, das ist der innere Indikator eines jeden Menschen.

So wird der Mensch zum Lehrer für sich selbst. Er braucht keine äußere Einwirkung mehr. Niemand wird ihn in die Verdorbenheit führen: der Mensch wird sich von seiner inneren Stimme leiten lassen.

Das ist der Strom, der jedem Menschen eigen ist. Die zahlreichen Gedanken und Emotionen verdecken ihn jedoch, so dass die Menschen den Strom nicht mehr hören können. Viele können ja oft erfahren, dass sie zum Beispiel in fünf Minuten den Bus verpassen. Woher weiß der Mensch das? Scheinbar hat der Mensch keine Informationen bekommen, er weiß nichts, aber er fühlt, dass es so kommt. Und jeder könnte Beispiele aus seinem Leben finden, wenn er plötzlich Informationen aus dem nichts bekommt, wenn er einfach fühlt, dass es so ist. Er hat keine Begründung, er hat keine Ahnung, wieso das so ist. Er weiß einfach, dass es eine Tatsache ist, dass es existiert. Das ist eben die innere Intuition, die in jedem Menschen steckt.

Die Menschen erziehen es jedoch nicht in sich, sie kultivieren es nicht. Aus diesem Grund lassen sie sich durch irgendwelche mentale Ideen leiten, ausgehend von irgendwelchen Kategorien "was gut" und "was schlecht ist", "was nützlich" und "was nutzlos". Aber das, was vor mehreren Tausend Jahren gut war und bis jetzt als Tradition erhalten geblieben ist, könnte schon veraltet sein. Man setzt es aber trotzdem fort.

Deshalb sollte sich jeder Mensch durch seine augenblickliche Wahrnehmung leiten lassen. Weil jede Sekunde etwas anderes passieren kann. Man kann einem Menschen keinen Ratschlag für alle Fälle im Leben geben. Man kann eine allgemeine Richtung zeigen, jedoch werden die Umstände dennoch in einer anderen Kombination auftreten, und der Mensch wird nicht bereit sein, wenn er sich nur von einem Ratschlag leiten lässt. Wenn der Mensch sich aber von seinem eigenen Gefühl führen lässt, von seinem eigenen Verstehen der Situation, dann wird er zum Sieger in jeder erdenklicher Situationen, die es nur geben kann.

Copyright © 2014 Sergey Bugaev und Vladimir Kuzin. Alle Rechte vorbehalten.


 

 

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